Die Geschichte von Chiara
Etwa vor genau sieben Jahren bekam ich einen Anruf vom ortsansässigen Tierschutz, wo man mir mitteilte das eine Hündin eingeschläfert wird, wenn nicht jemand bereit wäre, diese Hündin bei sich aufzunehmen.
Zuerst war ich geschockt und nur ein WARUM, kam über meine Lippen. Man sagte mir diese Hündin wurde als nicht erziehbar eingestuft. Ok, und wie kann ich helfen?
Ihr müsst wissen, wir hatten zu dieser Zeit drei Hunde und waren ein eingeschworenes Team. Mit keiner Silbe hätte ich daran gedacht noch einen vierten Hund bei uns aufzunehmen, völlig ausgeschlossen PUNKT!!!!!
Aber ein Wesen einfach im Stich zu lassen das niemand mehr will geht gar nicht, da ist es ein Muss zu helfen.
Es war an einem Dienstag im Februar: Ich unsere Hunde in das Auto gepackt, fuhren wir zu dem Trainingsplatz in unserer Gemeinde, wo man Chiara hingebracht hatte.
Als ich beim Trainingsplatz ankam sah ich ein schwarzes, übergewichtiges Fellknäuel, das mit unserem Nachbarshund Tao, der ein Border Collie ist, spielte. Hanni, die sich für den Tierschutz einsetzt und mich angerufen hat, stand da mit Tränen in den Augen und erzählte mir die Geschichte von Chiara.
Chiara wurde auf einem Bauernhof mit ihren Geschwistern als nicht gewollte Welpen geboren. Chiaras Geschwister wurden getötet. Chiara wurde am Leben gelassen, damit die Mutterhündin ihre Milch loswurde, dann sollte auch Chiara entsorgt werden. Das Schicksal meinte es aber anders.
Eine ältere Frau nahm Chiara zu sich nach Hause. Leider war die Frau so überfordert mit Chiara, das alles falsch gemacht wurde was man nur falsch machen kann. Chiara wurde mit harter Hand erzogen, was zur Folge hatte das sie ganze Wohnungen und Autos demolierte und nicht Stubenrein wurde. Chiaras Überlebensmechanismus wurde angeknipst. Alles was nicht schnell genug auf dem Baum war und sich bewegte wurde gejagt. Jegliches Essen wurde geklaut, und weil ihr der Auslauf fehlte war sie kugelrund. Chiara war ein nicht ansprechbares Wesen das gelernt hatte in seiner eigenen Welt zu leben. Trainer wurden zwar aufgesucht, aber keiner drang zu Ihr durch.
Ja und jetzt stand ich da und dachte sch….. wie gehe ich diese Geschichte an. Ok mit Tao dem Border Collie verträgt sie sich schon mal gut, mal schauen wie es in unserem Rudel aussieht. Ich nahm einen nach dem anderen ins Gehege zu ihr und sah wie ein Strahlen über ihr Gesicht ging. Von unseren Hunden wusste ich, dass sie im Umgang mit anderen Hunden ein tadelloses Verhalten an den Tag legen, war aber trotzdem auf dem Sprung, um dazwischen zu gehen. Alles lief Prima. Ok jetzt das Schwierigste, leider hatte Hanni ihr die Schleppleine abgemacht als sie Chiara in das Gehege liess. Somit hatte auch Hanni ihre Chancen vertan Chiara die Schleppleine wieder anzumachen. Ich ging ganz vorsichtig auf Chiara zu und merkte sofort das sie in Panik kam, aber nicht nach vorne prescht um mich anzugreifen, sondern sich zurück zog. Das war meine Chance. Ich weiss nicht wie ich es gemacht habe, aber die Schleppleine war dran und für sie war es Ok. Die nächste Herausforderung, das Auto. Erstaunlicherweise sprang sie sofort mit unseren Hunden in die Box Halleluja!!!!!!
Zuhause angekommen war es für Chiara klar unseren Hunden in das Haus zu folgen, auch das kein Problem. Die legten sich natürlich alle auf ihre Schlafplätze und liessen Chiara stehen, man will ja mal seine Ruhe. Da stand Sie nun schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an, als wollte sie sagen und was jetzt.
Ich probierte dann ganz behutsam auf sie zuzugehen, keine Chance, sofort ergriff sie die Flucht. Es war jetzt Nachmittag, 14:00 Uhr, ich hatte also Zeit bis abends, wenn nötig die ganze Nacht. Wer mich kennt weiß, Geduld ist nicht meine Stärke, aber ich schaffte es tatsächlich vier Stunden am Boden zu sitzen und mich nicht zu bewegen und wenn, nur ganz langsam, um meine Stellung zu verändern, immer unter Beobachtung von Chiara. Gegen Abend so um 18:00 Uhr, als ich gerade dachte jetzt wird es mir zu blöd (man ist ja auch nur Mensch), steht Chiara hinter mir. Sie liess es zu das ich sie unter dem Kinn berührte, das Eis war gebrochen…
Von dem Moment an war sie meine kleine Elfe, die in mein Herz ging. Wer uns kennt weiss was Chiara heute leistet, wie sie abliefert als wäre sie immer mit der Welt im Einklang gewesen. Ich weine, wenn ich Chiara in die Augen sehe und sie mir ein Lächeln schenkt, mit der Aufforderung was kommt als nächstes, und sie mit mir trainiert oder einfach in den Wald geht um ganz Hund zu sein. Dann, dann ist meine Welt so was von in Ordnung, das ich einfach nur dankbar bin.
Chiara lernte mich durch ihre Augen zu sehen, sei es beim Jagen oder auch bei gewissen Alltagssituationen, bei denen sie heute manchmal noch etwas Mühe hat. Aber sie hat gelernt damit umzugehen, und ich bin für sie da um es mit ihr gemeinsam anzugehen – um es mit Ihren Augen zu sehen.
Tiere machen nie Fehler, oder in diesem Fall unsere Hunde! Wir verstehen es einfach nicht! Es sind Seelen von denen wir viel lernen können!
Monika Gehrig