Huckys Geschichte

15. June 2023 Off By carmen

Huckleberry wurde am 12.11.1993 in Nürnberg geboren. Er stammte aus einem geplanten Wurf. Carmen hatte die Verbindung lange vorher ausgesucht und besuchte den Wurf mehrfach, bis sie sich für Hucky entschied. Der Welpe schloss sich unbefangen und fröhlich den beiden erwachsenen Hunden von Carmen an. Sein Weg stand unter einem guten Stern. Doch dann kam alles anders.

Carmen  ging mit einer Freundin samt Kinderwagen und Hucky spazieren, als wie aus dem Nichts drei freilaufende Schäferhunde herbeipreschten und Hucky sofort angriffen. Er war angeleint, und in dem Chaos, gehandicapt durch den Kinderwagen, war Carmen viel zu schockiert um die Leine loszulassen, damit Hucky wenigstens hätte weglaufen können. Bis die Besitzer der Angreifer ihre Hunde einfingen, hatte der junge Hund bereits einige tiefe Bisswunden in Brust und Nacken.

Nach diesem traumatisierenden Erlebnis suchte Carmen weiterhin den Kontakt zu anderen Hunden, damit Hucky positive Erfahrungen mit Artgenossen machen konnte. Er war anfangs kurz unsicher, suchte von sich aus wenig Kontakt, ließ sich aber auf Annäherungsversuche freundlicher Hunde ein. Nach wenigen Wochen spielte er wieder so froh und unbeschwert wie zuvor, Carmen war überglücklich. Aber die Freude war kurz, denn als Hucky 14 Monate alt war, folgte die zweite unglückliche Begegnung.

Diesmal war Carmen mit allen drei Hunden unterwegs, als sich ein mutterseelenallein daherkommender Schnauzermischling ohne lange zu überlegen, mitten in die Hundegruppe stürzte. Carmens Hunde waren angeleint. Diesmal ließ sie zwar die Leinen sofort los, aber die Situation war dennoch brenzlig. Der Schnauzer pöbelte, was das Zeug hielt und erkannte schnell, daß Hucky der einfachste Gegner sein würde. Carmen schaffte es irgendwie, ihre beiden anderen Hunde aus der Rauferei abzurufen und den Schnauzer in die Flucht zu schlagen. Zuhause stellte sie fest, daß Hucky einen tiefen Riss im Ohr und mehrere Löcher in den Vorderläufen hatte – das schlimmste aber war der Knacks in seiner Hundeseele!

Hucky war von diesem Tag an zu keinem Kontakt mit fremden Hunden mehr fähig. Carmens Hunden Hank und Candy gegenüber war er völlig normal, aber sobald sich ein fremder Hund beim Spaziergang näherte, wurde er zum Berserker, er tobte und warf sich in die Leine. Er wartete gar nicht, ob der andere Hund vielleicht freundlich sein würde, er hatte beschlossen, dass Angriff die beste Verteidigung war. Auf dem Hundeplatz arbeitete er völlig normal, da hatte er ja seine Aufgaben und blendete die Anwesenheit anderer Hunde aus. Aber entspannte Spaziergänge gab es nicht mehr. Hucky war völlig außer Kontrolle und Carmen erreichte ihn gar nicht mehr.

Sie besuchte Kurse und las Bücher zum Thema, und begann nach ihrem eigenen Plan zu arbeiten. Carmen trainierte über viele Monate mit Hucky und endlich nahm er ihre Signale wieder wahr. Er konnte frei laufen, ließ sich mustergültig abrufen. Er nahm von sich aus keinerlei Kontakt zu fremden Hunden auf, sondern ließ sich ruhig vorbeiführen. Die Welt wäre fast in Ordnung gewesen, wenn es nicht so viele Hundehalter gegeben hätte, die Hucky´s Wunsch nach Ruhe und Distanz ignoriert hätten. Carmen beobachtete die Umgebung mit Adleraugen, aber immer wieder warfen ungeplante Hundebegegnungen sie im Training mit Hucky um Monate zurück. Mal warf sich ein spielbegeisterter Labrador dem entsetzten Hucky an den Hals, mal versuchte ein 18 Monate alter „Welpe“ aufzureiten, und ein ganz spezieller kleiner Dackelmix  griff an, weil er „einfach keine Schäferhunde mag“. Die Besitzer der Hunde reagierten mit Unverständnis, wenn Carmen ihnen auswich, und mit Unwillen, wenn sie sie bat, ihre Hunde zu sich zu rufen. Für Hucky waren fremde Hunde der blanke Horror.

Mit 8 Jahren – Candy und Hank waren beide gestorben – war es endlich soweit, das er mit einem fremden Hund Kontakt aufnahm. Carmen hatte diesen Hund sorgfältig ausgesucht und die Begegnung lange vorbereitet. Etliche Male waren beide Hunde angeleint den gleichen Weg gelaufen und die Situation war endlich so entspannt, dass beide abgeleint wurden. Hucky folgte dem andern Hund die ersten Wochen in einigem Abstand,  er sah zur Seite, wenn der ihn anschaute, er lief Bögen und achtete sorgsam darauf, nicht zu nahe zu kommen. Endlich ging er ganz bewusst auf den Hund zu, schnüffelte an seiner Seite, ließ sich seinerseits beschnüffeln und als der andere Hund dann ganz entspannt weiterging, setzte er sich hin und atmete erleichtert aus. Carmen kommen heute noch die Tränen bei der Erinnerung an diesen Tag.

Sobald Hucky nun die Gelegenheit hatte, ruhig und vorsichtig einen Hund kennenzulernen, war er freundlich und gelassen, ein wenig verlegen noch am Anfang. Aber einem Hund, der sich ihm ungestüm oder unhöflich näherte, vertraute er nach wie vor nicht. Und leider warfen ihn solche Begegnungen immer wieder zurück und er war eine Zeitlang wieder der alte unsichere Hucky. Interessant dabei war, dass er, der niemals fortgelaufen war um eine Rauferei anzuzetteln, den Rückruf nun überhörte, wenn er einen netten Hund traf. Wieviel muss ihm innerartlicher Kontakt bedeutet haben.

Hucky war 11 Jahre alt, als Gimli in Carmens Leben trat. Noch bevor Carmen nachdenken konnte, ob ein vier Monate alter Cairn Terrier zu einem alter Schäferhund passt, wackelte der kleine Gimli zu dem großen Rüden, ließ sich bereitwillig von ihm abschnüffeln, um dann seinen Platz genau unter der Rute von Hucky einzunehmen. Der sah sich nochmal um und ging los, Gimli folgte ihm und der Bund war besiegelt.

Fast zwei Jahre lang waren die beiden unzertrennlich. Gimli brachte Hucky manchen Unsinn ins Gedächtnis, den er auf seine alten Tage fast schon vergessen hatte. Toilettenpapierrollen klauen, Stofftiere knautschen, Carmens Jackentaschen ausplündern…, sogar in Carmens Bett lockte Gimli den alten Haudegen, und sein Gesicht, als Carmen ihn dabei erwischte, war so drollig, daß sie nur herzlich lachen konnte.

Als Hucky starb, war Gimli lange Monate untröstlich. Und für Carmen war es ein Trost, dass Hucky, der durch die Unachtsamkeit und Gleichgültigkeit fremder Menschen zum Einsiedler geworden war, nun doch noch eine schöne Zeit verleben durfte.

Alles Gute für Euch und eure Hunde!